Udo Walendy: Bild 'Dokumente' für die Geschichtsschreibung?
Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforchung, Vlotho (Weser) 1973



[Seite 14] „Frauen mit Kindern unmittelbar vor der Exekution”. Mit diesem Bildtext veröffentlicht in „Faschismus, Getto, Massenmord”, herausgegeben vom Jüdischen Historischen Institut Warschau, Frankfurt/M., Roederberg Verlag, 1960, S. 334.

Dieses Bild ist eine fotografierte Zeichnung. Gesamtsituation einschließlich Hintergrund ist unwirklich. Der schwarze Kopf des „Gefangenenwärters” ist ebenso wie überhellte Farbwirkung und anatomische Verzeichnung der Frauen vorn und hinten ein primitiver Regiefehler. Die bewußte Undeutlichkeit und falsche Licht-Schattenreflexe erübrigen jede weitere Analyse.

Nachfolgend zwei weitere, geänderte Bildversionen:

[Seite 15] „Der Fotograf der Frauen in Treblinka, die, mit ihren Kindern auf dem Arm in die Gaskammern gehen, ist nicht bekannt.” Mit diesem Bildtext veröffentlicht in Gerhard Schoenberner „Der gelbe Stern — Die Judenverfolgung in Europa 1933 bis 1945”, Rütten und Loening Verlag, Hamburg 1960 S. 163. So auch abgedruckt in: „The Pictorial History of the Third Reich — A Shattering Photographic Record of the Nazi Tyranny and Terror” — Robert Neumann, Helga Koppel — Bantam Books New York, 1962, S. 191.

Man beachte neben anderen Retuschen: Der Wächter diesmal mit Mütze statt mit Hut, die Frau vor ihm mit langen Haaren und beschattetem Bein.

[Seite 15] „Die aus allen Teilen Europas zusammengetriebenen Frauen mußten sich und ihre Kinder erst vollständig entkleiden, ehe sie in die Gaskammer geführt wurden”. Mit diesem Bildtext veröffentlicht in S. Einstein „Eichmann — Chefbuchhalter des Todes”, Roederberg Verlag, Frankfurt/M, 1961, S. 202. Auch veröffentlicht in Bilddokumentation nach Erwin Leisers „Mein Kampf” — Fischer Bücherei Frankfurt/M, Hamburg 1962 S. 166.

Dieses Bild ist eine reine Zeichnung, und zwar eine verbesserte Ausgabe des Bildes S. 14.

[Seite 16] Vergrößerter Ausschnitt von Bild S. 14

Die Frau links steht mit den Beinen im Schatten, hat kurze Bubikopf-Haare. Das linke Bein des Babys ist im Fuß zu sehen, der Hintergrund zwischen den Beinen hellgrau ohne weitere Lichtreflexe. Trotz vieler schwarzer Schattenpartien, die Einzelheiten schwarz verdecken, fallen doch eine Reihe anatomischer Rätsel auf: man betrachte nur einmal die Frau ganz rechts.

[Seite 17] Vergrößerter Ausschnitt von Bild S. 15 unten. Dieses Bild ist gleichermaßen (Frauen mit vom Friseur einheitlich gekämmten Haaren) in Großformat abgedruckt in: „Stanislaw-Wrzos-Glinka „1939-1945 We have not forgotten” Warschau 1959 S. 107 (Version „Gaskammer”) sowie einigen anderen polnischen Büchern und in: Robert Neumann „Hitler — Aufstieg und Untergang des Dritten Reiches. Ein Dokument in Bildern” Desch Verlag, München, Wien, Basel 1961 S. 193.

Die Frau links steht einschließlich des Unterschenkels im Licht, außerdem hat sie diesmal lange Haare. Von dem Baby sieht man nur ein Bein. Die im Schatten stehende Frau rechts erscheint völlig neu in dieser Gruppe, ein deutliches Beispiel dafür, wie man mit Hilfe von Zeichnung und Fotomontage einen menschlichen Körper plastisch „in Erscheinung treten lassen” kann. Hintergrund und Zwischenraum zwischen den Füßen sind total verändert, der Rücken des Gefangenenwärters ist nicht mehr schwarz schattiert, das Baby hat plötzlich glänzendes Haar; auch die Haartönung der zweiten Frau dahinter ist verändert. Die Beine der des Baby tragenden Frau und jener Frau, die hinter ihr geht, stehen anders als auf dem älteren Vergleichsbild.




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